Wenn Architekten reisen… dann zieht es uns nicht immer in die Ferne. Ein verlängertes Wochenende ist eine schöne Gelegenheit, um das Heimatland zu erkunden und die vielen schönen Ecken zu entdecken.

Dieses Mal wurde der „mittlere Westen“ bereist. Ganz ohne Cowboys, dafür mit viel Baugeschichte und einer in die Jahre gekommenen freitragenden Dachkonstruktion.

1. Stop: Mannheim

Allein schon städtebaulich interessant, da die Innenstadt zwischen Neckar und Schloss in Quadrate eingeteilt ist. Keine herkömmlichen Straßennamen. Hier trifft man sich auf P6 oder C4. Die Hauptachse mündet am Friedrichsplatz. Ein schöner Platz mit Gebäuden aus rotem Sandstein und dem Neubau der Kunsthalle mit bronzegefärbter Netzfassade. In der Mitte eine Grünanlage mit Wasserbecken und dem Wasserturm.

Im Herzogenriedpark, nordöstlich der Quadrate, liegt ein verwunschenes Juwel. Das eigentliche Ziel der ersten Etappe des Kurzurlaubes: die Multihalle von Frei Otto.

Frei Otto. Pritzker-Preisträger. Wichtigster Vertreter biomorpher Architekturen und bekannt für zugbeanspruchte Konstruktionen aus Seilnetzen und Gitterschalen. Für die Bundesgartenschau 1975 in Mannheim hat er eine freitragende Holzkonstruktion entworfen. Diese ist bis heute die größte frei geformte Holzgitterschalenkonstruktion der Welt (Aussage Wikipedia). Seit 1998 steht diese unter Denkmalschutz.

Der derzeitige Zustand ist leider desolat und der Gang durch die Konstruktion gesperrt. Dennoch ist es faszinierend und eine Inspiration, unter dieser freitragenden Konstruktion aus Holzlatten (5 mal 5 Zentimeter) zu stehen.

Nächster Stop: Speyer

Von Mannheim aus in 25 Minuten zu erreichen. Der Dom zu Speyer als größte noch erhaltene romanische Kirche der Welt ist Baugeschichte in Reinform. Mittelschiff, zwei Seitenschiffe, Querschiff, Krypta, Kreuzgewölbe sind als typische architektonische Merkmale dieser Zeit ebenso gut ablesbar und erlebbar wie die verschiedenen Bauphasen (von 1061 bis 1858).

Letzter Stop: Heidelberg

Die Stadt am Neckar ist selbst bei schlechtem Wetter ein absoluter Touristenmagnet. Der Weg zum Zentrum der Altstadt führt am Neckar entlang. Wie eine Perlenkette stehen die Villen auf der anderen Flussseite aneinander gereiht. Das Sahnehäubchen thront gegenüber auf dem Berg. Das Heidelberger Schloss.

Das Schild am Fuße des Berges sagt, dass der Weg zu Fuß 17 Minuten dauert und mit Eintritt ins Schloss 7 Euro kostet. Daneben steht, dass eine Fahrt mit der Bergbahn 2 Minuten dauert und mit Eintritt ebenfalls 7 Euro kostet. Entscheidung gefallen. Die Fahrt mit der Standseilbahn den Berg hinauf ist entspannt. Oben angekommen, verläuft der Weg am Besucherzentrum vorbei. Einem Neubau von Max Dudler aus dem Jahre 2012. Farblich an die Ruinen des Schlosses angepasst und unaufdringlich neben der historischen Sattelkammer positioniert.

Die Ruinen der Schlossanlage sind für Touristen in Teilen zugänglich. Der Blick ins Neckartal und die Altstadt entschädigt dafür und lässt erahnen, wie sich wohl der Kurfürst der Pfalz in seiner Residenz gefühlt haben muss. Ich schätze, es war auszuhalten.

In diesem Sinne schließe ich diesen Blog-Beitrag mit einem Zitat von Kurt Tucholsky: „Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an.“ (uw)